NVL Hypertonie (2023)

Methodik

I Einführung

Im Rahmen des Programms für Nationale VersorgungsLeitlinien (NVL) von Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) und Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) haben die zuständigen Fachgesellschaften und Organisationen inhaltliche Eckpunkte für die NVL Hypertonie konsentiert. Die Beteiligung von Betroffenen wird durch die Kooperation mit der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe (BAG SELBSTHILFE), der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfegruppen e. V. (DAG SHG) gewährleistet. Die Deutsche Hochdruckliga e. V. Deutsche Gesellschaft für Hypertonie und Prävention beteiligte sich ebenso.  

Leitlinien als Entscheidungshilfen

Bei einer NVL handelt es sich um eine systematisch entwickelte Entscheidungshilfe über die angemessene ärztliche Vorgehensweise bei speziellen gesundheitlichen Problemen im Rahmen der strukturierten medizinischen Versorgung und damit um eine Orientierungshilfe im Sinne von „Handlungs- und Entscheidungsvorschlägen”, von denen in begründeten Fällen abgewichen werden kann oder sogar muss 775.

Die Entscheidung darüber, ob einer bestimmten Empfehlung gefolgt werden soll, muss individuell unter Berücksichtigung der bei der jeweiligen Patientin beziehungsweise dem jeweiligen Patienten vorliegenden Gegebenheiten und Präferenzen sowie der verfügbaren Ressourcen getroffen werden 1357.

Eine NVL wird erst dann wirksam, wenn ihre Empfehlungen bei der Versorgung Erkrankter Berücksichtigung finden. Die Anwendbarkeit einer Leitlinie oder einzelner Leitlinien-Empfehlungen muss in der individuellen Situation geprüft werden nach den Prinzipien der Indikationsstellung, Beratung, Präferenzermittlung und partizipativen Entscheidungsfindung 22903, 30921.

Ebenso wie bei jeder anderen medizinischen Leitlinie handelt es sich bei einer NVL explizit nicht um eine Richtlinie im Sinne einer Regelung des Handelns oder Unterlassens, die von einer rechtlich legitimierten Institution konsentiert, schriftlich fixiert und veröffentlicht wurde, für den Rechtsraum dieser Institution verbindlich ist und deren Nichtbeachtung definierte Sanktionen nach sich zieht 775.

Empfehlungsgrade

Das in Tabelle 1 dargestellte Grundprinzip fand bei der Graduierung der Empfehlungen Beachtung. Zur besseren Unterscheidung zwischen Negativ- und Positiv-Empfehlung werden die Pfeilsymbole der Empfehlungen in entsprechenden Spalten "positiv" oder "negativ" positioniert.

Tabelle 1: Einstufung von Leitlinien-Empfehlungen in Empfehlungsgrade (Grades of Recommendation), modifiziert nach 22903, 30921

Empfehlungsgrad

Beschreibung

Formulierung

Symbol

A

Starke Positiv-Empfehlung

soll

Starke Empfehlung

B

Positiv-Empfehlung

sollte

Abgeschwächte Empfehlung

0

Offene Empfehlung

kann

Offene Empfehlung

B

Negativ-Empfehlung

sollte nicht

Abgeschwächte Negativ-Empfehlung

A

Starke Negativ-Empfehlung

soll nicht

Starke Negativ-Empfehlung

Die in der NVL verwendete Graduierung der Empfehlungen orientiert sich, wie im Methodenreport zum Programm für Nationale VersorgungsLeitlinien beschrieben 27669, am AWMF-Regelwerk 22903, 30921 und an dem von der internationalen GRADE (Grading of Recommendations, Assessment, Development and Evaluation)-Arbeitsgruppe vorgeschlagenen Vorgehen 803, 12490. Die Vergabe der Empfehlungsgrade berücksichtigt dabei neben der zugrundeliegenden Evidenz z. B. ethische Verpflichtungen, klinische Relevanz der Effektivitätsmaße der Studien, Anwendbarkeit der Studienergebnisse auf die Zielgruppe, individuelle Präferenzen und die Umsetzbarkeit im ärztlichen Alltag 1357.

II Zielsetzung

Nationale VersorgungsLeitlinien sollen die Gesundheitsversorgung in Deutschland verbessern. Sie geben aktuelle wissenschaftlich begründete Empfehlungen zu Diagnostik, Behandlung und Rehabilitation sowie zu einem strukturierten und optimierten Management der Erkrankung. Zur Verbesserung tragen insbesondere auch eine verbesserte Kommunikation zwischen den an der Versorgung Beteiligten – über alle Sektoren- und Fächergrenzen hinaus – sowie der Einbezug der Patient*innen in alle Behandlungsentscheidungen bei.

Die hohe Prävalenz und Inzidenz der arteriellen Hypertonie sowie eine große Variationsbreite in der Versorgungsqualität verlangen verstärkte Bemühungen um die Optimierung der Versorgung von Menschen mit Hypertonie. Hierzu gehören verlässliche Definitionen des Notwendigen und Angemessenen in Diagnostik, Therapie und Rehabilitation, basierend auf dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis und der Praxis.

Auf diesem Weg soll die Qualität der Versorgung verbessert und die Stellung der Patient*innen gestärkt werden. Zudem kann die Berücksichtigung der Empfehlungen zu einer Effizienzsteigerung und damit zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen beitragen 1357.

Konkret erhoffen sich die Autor*innen und Herausgebenden der NVL Hypertonie dazu beizutragen, folgende Ziele zu erreichen:

  • Verbesserung der Diagnostik der arteriellen Hypertonie, um Über- und Unterversorgung zu vermeiden;
  • Stärkung der patientenzentrierten Versorgung: verbesserte Kommunikation zwischen Behandelnden und Erkrankten, gemeinsame Vereinbarung von individuellen Therapiezielen, Förderung der Therapieadhärenz;
  • Sicherstellung einer adäquaten Therapie und Verlaufskontrolle der Hypertonie zur Prävention des Entstehens oder der Progression weiterer kardiovaskulärer Erkrankungen;
  • Verbesserung der Umsetzung der nichtmedikamentösen Therapie als Basis der Langzeitversorgung. Dies beinhaltet u. a. die Implementierung von Selbstmanagement- und strukturierten Schulungsprogrammen zur Förderung der Krankheitsbewältigung bei Patient*innen mit Hypertonie;
  • Förderung der Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Professionen und Sektoren zur Optimierung der koordinierten Langzeitversorgung von Menschen mit Hypertonie.

III Organisation und methodisches Vorgehen

Nationale VersorgungsLeitlinien erfüllen alle Anforderungen an S3-Leitlinien gemäß AWMF-Regelwerk 22903, 30921. Dazu gehören ein multidisziplinäres Gremium, in dem alle an der Versorgung beteiligten Fachgruppen und -disziplinen vertreten sind, ein transparentes Management von Interessenkonflikten, die systematische Recherche und Bewertung der Evidenz zu allen relevanten Fragestellungen sowie ein strukturierter, formaler Konsensprozess. Detaillierte Angaben zu dem methodischen Vorgehen sowie zu der Organisation des NVL-Programms sind im Leitlinienreport zur Version 1 der NVL Hypertonie beschrieben 31384 (abrufbar unter www.leitlinien.de/hypertonie).

NVL Hypertonie, Version 1.0, 2023

NVL Hypertonie – Weitere Formate

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Das Archiv enthält abgelaufene, zurückgezogene Dokumente zur Nationalen Versorgungsleitlinie Hypertonie.

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zuletzt verändert: 29.06.2023 | 10:08 Uhr