Diagnostik bei (Verdacht auf) KHK (2016)
Empfehlungen/Statements |
Empfehlungsgrad |
---|---|
Psychische, somatische und soziale Informationen sollen von Beginn an erhoben und verknüpft werden, um eine frühzeitige Fixierung auf somatische Ursachen zu vermeiden. |
|
Auf der hausärztlichen Versorgungsebene soll bei Brustschmerzpatienten die Wahrscheinlichkeit einer zugrundeliegenden stenosierenden KHK mittels des Marburger Herz-Scores eingeschätzt werden (siehe Abbildung 3). |
|
Ein Marburger Herz-Score-Wert ≤ 2 Punkte weist auf eine Wahrscheinlichkeit einer zugrundeliegenden stenosierenden KHK von durchschnittlich kleiner 5% hin. Bei der Interpretation ist stets auch das klinische Gesamtbild zu berücksichtigen. |
Statement |
Zur Bestimmung der Vortestwahrscheinlichkeit im kardiologischen Bereich soll die Tabelle 6 herangezogen werden. |
|
Patienten, bei denen aufgrund von Anamnese und Befund die Verdachtsdiagnose einer KHK besteht, sollen ein Ruhe-EKG mit zwölf Ableitungen erhalten. |
|
Patienten, bei denen aufgrund von Anamnese und Befund die Verdachtsdiagnose einer KHK besteht, sollten eine echokardiographische Untersuchung in Ruhe erhalten. |
|
Die Wahl des nicht-invasiven Verfahrens soll abhängig gemacht werden von
|
|
Bei Patienten mit einer niedrigen Vortestwahrscheinlichkeit (< 15%) sollte zum Nachweis einer stenosierenden KHK kein Verfahren zur Diagnostik angewendet, sondern eine andere Ursache der Beschwerden in Betracht gezogen werden. |
|
Bei Patienten mit einer hohen Vortestwahrscheinlichkeit (> 85%) sollte ohne weitere Diagnostik eine stenosierende KHK als Ursache der Beschwerden angenommen und mit der Therapieplanung (siehe Kapitel 5 Therapieplanung und gemeinsame Entscheidungsfindung, 6 Konservative, nicht-medikamentöse Therapie, 7 Medikamentöse Therapie und 8 Revaskularisationstherapie) begonnen werden. |
|
4-10 [Hintergrund und Evidenz] Bei Patienten mit einer mittleren Vortestwahrscheinlichkeit (15-85%) sollten zur weiteren Diagnostik nicht-invasive Verfahren angewendet werden, um den Verdacht auf eine stenosierende KHK weitgehend einzugrenzen (siehe Abbildung 3). |
|
4-11 [Hintergrund und Evidenz] Bei Patienten mit bekannter KHK und dem klinischen Verdacht auf eine Progredienz der Erkrankung, sollten zur weiteren Diagnostik bevorzugt bildgebende funktionelle nicht-invasive Verfahren angewendet werden. Sofern eine Voruntersuchung mit einem dieser Verfahren verfügbar ist, sollte aufgrund der Vergleichbarkeit möglichst dasselbe Verfahren erneut eingesetzt werden. |
|
4-12 [Hintergrund und Evidenz] Bei einer Vortestwahrscheinlichkeit > 30% liegt bei einem negativen Belastungs-EKG die Nachtestwahrscheinlichkeit im Durchschnitt noch immer über 15%, so dass weitere Tests erforderlich bleiben. |
Statement |
4-13 [Hintergrund und Evidenz] Eine invasive Koronarangiographie soll nicht durchgeführt werden
|
|
4-14 [Hintergrund und Evidenz] Patienten mit hochgradigem Verdacht auf eine stenosierende KHK* nach nicht-invasiver Diagnostik, die nach der Beratung mit dem Patientenblatt "Verdacht auf koronare Herzkrankheit: Brauche ich eine Herzkatheter-Untersuchung?" (Patientenblatt in Überarbeitung) zu einer Bypass-OP aus prognostischer Indikation bereit sind, soll eine invasive Koronarangiographie empfohlen werden (siehe auch Empfehlung 8-1 und 8-2 (Empfehlungen in Überarbeitung)). * Die Behandlung des akuten Koronarsyndroms wird in anderen Leitlinien thematisiert [16], [21], [22], [23]. |
|
4-15 [Hintergrund und Evidenz] Patienten mit hochgradigem Verdacht auf eine stenosierende KHK nach nicht-invasiver Diagnostik, bei denen die Symptomatik trotz optimaler konservativer Therapie persistiert (symptomatische Indikation), soll eine invasive Koronarangiographie angeboten werden (siehe auch Empfehlung 8-5). |
|
4-16 [Hintergrund und Evidenz] Die Wahrscheinlichkeit einer depressiven Störung soll mittels Screening-Fragen im Anamnesegespräch oder standardisierter Fragebögen (siehe Tabelle 8) eingeschätzt werden. |
|
4-17 [Hintergrund und Evidenz] Die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer sonstigen prognostisch relevanten psychischen Störung (Angststörung, posttraumatische Belastungsstörung, Schizophrenie, bipolare Störung) oder einer psychosozialen Risikokonstellation (niedriger sozioökonomischer Status, soziale Isolation, mangelnde soziale Unterstützung, beruflicher oder familiärer Stress) sollte mittels geeigneter Anamnesefragen oder Fragebögen (siehe Tabelle 8) eingeschätzt werden. |
|
4-18 [Hintergrund und Evidenz] Bei positivem Screening auf eine psychische Störung soll eine klinische Diagnosestellung mit expliziter Exploration aller Haupt- und Nebensymptome angestrebt werden. |
|
4-19 [Hintergrund und Evidenz] Liegt bei Patienten mit stenosierender KHK eine eingeschränkte LV-Funktion, eine Hauptstammstenose, eine Mehrgefäßerkrankung, eine proximale RIVA-Stenose, ein überlebter plötzlicher Herztod, ein Diabetes mellitus oder ein unbefriedigendes Interventionsergebnis vor, erhöht dies zusätzlich das Risiko eines kardialen Ereignisses. Bei diesen Personen sollten Kardiologen und Hausärzte in Kooperation sinnvolle Intervalle für eine regelmäßige Verlaufsbeobachtung festlegen (siehe auch Kapitel 10 Versorgungskoordination und Langzeitbetreuung). |
|
4-20 [Hintergrund und Evidenz] Bei asymptomatischen Patienten soll im Rahmen der Verlaufsbeobachtung keine spezielle kardiale Diagnostik (einschließlich Ergometrie, Echokardiographie) zur Abklärung der stenosierenden KHK erfolgen. |
|
4-21 [Hintergrund und Evidenz] Die gesundheitsbezogene Lebensqualität der Patienten im körperlichen, psychischen und sozialen Bereich sollte regelmäßig im Verlauf orientierend erfragt werden. Bei Einschränkungen spezifischer Bereiche der Lebensqualität sollten somatische und psychosoziale Ursachen ermittelt und ggf. mit dem Patienten Schritte zu weitergehender Diagnostik und Behandlung vereinbart werden. |
|
4-22 [Hintergrund und Evidenz] Die Adhärenz gegenüber Medikation und Lebensstiländerung soll im Verlauf regelmäßig überprüft werden. |
|
4-23 [Hintergrund und Evidenz] Mögliche Adhärenzbarrieren (z. B. Sorgen oder Missverständnisse, Depression, kognitive Einschränkungen) sollten Anlass zu weiterer Klärung und Vereinbarung individueller Therapieanpassung (u. a. Vereinfachung von Dosierungsschemata, externe Hilfen oder Erinnerungssysteme) mit dem Patienten geben. |
|
4-24 [Hintergrund und Evidenz] Bei unzureichender Wirksamkeit verordneter Medikamente sollte vor einer Therapieeskalation die Medikamentenadhärenz erfragt und ggf. bestehende Barrieren ermittelt sowie Maßnahmen zu ihrer Überwindung vereinbart werden. |
|
4-25 [Hintergrund und Evidenz] Bei persistierender Nonadhärenz sollten weitergehende Maßnahmen zur Überwindung von Adhärenzbarrieren und aktiven Adhärenzförderung, ggf. mit fachpsychologischer bzw. psychotherapeutischer Unterstützung, empfohlen werden. |